Meine teuerste Schwester.
Ich habe das Vergnügen gehabt, einen Brief von Ihnen zu empfangen, datiert aus Rom.
Ich bin entzückt, zu vernehmen, dass Ihre Gesundheit hinreichend gut ist, um den Anstrengungen
einer langen und beschwerlichen Reise zu genügen. Ich war überzeugt, dass Ihnen die
Altertümer Roms Vergnügen bereiten würden. Diese Denkmäler der Bezwinger der Welt
scheinen uns ihre Zeit näher zu bringen. Es scheint sogar, dass man an ihrem Ruhm
und an ihren Empfindungen teilhat, wenn man sich an den Orten befindet, die sie bewohnt
haben, und wo sie so große Dinge vollbracht haben. Das christliche Rom schafft Ihnen
Beweise dessen, welchen Einfluss der Aberglaube auf das Denken des Volkes hat. Die
Basilika von San Pietro wurde aus Ablässen errichtet. Der Großteil der Paläste der
Kardinalnepoten wurde aus den Tributen erbaut, die das unwissende Europa dem obersten
Kirchenfürsten zahlte. Würden Frankreich, Deutschland, würden Spanien, England, Polen
die Vermögen zurückfordern, die ihre Vorfahren dort hinunter geschickt haben, und
die der Pracht dieser Hauptstadt der Christenheit dienen, glauben Sie mir, meine teure
Schwester, dass der Heilige Vater und das „Sacro Collegio“ Kardinalskollegium. Es sorgt u. a. für die Papstwahl. nur die Ruinen des „Campo Vaccino“ Bis ins 18. Jahrhundert Bezeichnung für den östlich gelegenen Teil des antiken Forum
Roman um auf dem Kühe weideten („Campo Vaccino“). bewohnen würden und Kirchen mit Stroh bedeckt wären, und da eine Drehleier und vielleicht
eine schlechte Posaune die einzigen Instrumente wären, die an den Festtagen widerhallten.
Ich danke Ihnen für die Marmore und die schönen Dinge, auf die Sie mich dort unten
hinweisen. Die Schwierigkeit ist, einen Unterhändler mit hellem Kopf zu finden, der
nicht zum Opfer des italienischen Scharfsinnswürde. Was die Marmore anbelangt, so
ist es der Krieg der Barbaresken, der den Transport sehr schwierig und kostspielig
macht. Man zahlt das Doppelte als normalerweise. Wenn ich mir Marmor von dort unten
wünschen könnte, so wäre es nicht Porphyr, es wäre „Gialloantico“ Fachbegriff: Kalksteinbrekzien. Wurde seit dem 1. Jh. v. Chr. bis zum 3. Jh. n. Chr.
im heutigen Tunesien gewonnen. oder gelber Marmor aus Capua, der beinahe ebenso schön ist. Den gelben Marmor wünscht der König sich für die Innenausstattung der ab Januar 1755
errichteten Bildergalerie im Park von Sanssouci. Schon seit 1753 hatte Friedrich II.
mit Francesco Algarotti (1712–1764) über die Beschaffung von antikem Marmor korrespondiert.
Er wünschte sich Marmor aus Herculaneum, was sich jedoch als nicht realisierbar erwies.
Erst 1757 gelangten 27 Kisten mit „Giallo antico“ von Livorno aus nach Hamburg, um
dann nach Potsdam geliefert zu werden. Mit diesem Marmor wurden Wandfelder der Bildergalerie
ausgekleidet. {Siehe dazu: (#228) Sommer, 1996: 45–60, hier: 49–52.} Der Porphyr ist zu hart, um ihn zu bearbeiten, und bekommt keinen schönen Glanz.
Was die Gemälde betrifft, so verkaufen die Italiener so viele Nachahmungen, dass man
getäuscht wird, wenn man kein sehr guter Kenner ist. Wenn dies nicht wäre, hätte ich
schon lange den Auftrag gegeben, mir für meine Galerie Guidos, Tizians und Solimenas
kommen zu lassen. Aber die Furcht betrogen zu werden, hat mich bisher zurückgehalten. Der König kümmerte sich seit 1754 intensiv um Gemäldeankäufe für die von ihm geplante
Bildergalerie. Über den Kunsthändler Louis-François Mettra erwarb er auf Auktionen
in Paris, beispielsweise der Auktion der Sammlung Louis-François Pasquier im März
1755, Gemälde die Veronese und Tintoretto zugeschrieben wurden. Für diese Auktionen,
auf denen der König auch weiterhin über Mettra Gemälde ersteigerte, gab es gedruckte
Kataloge, über die Friedrich II. sich informieren konnte. {Siehe dazu: (#229) Vogtherr,
2015: 241–256.} Die Herkunft der Gemälde aus anerkannten Sammlungen bot ihm eine größere
Sicherheit, als es direkte Käufe in Italien hätten bieten können. Seine Käufe aus
Italien wickelte er über Zwischenhändler wie den Berliner Geschäftsmann u. Kunsthändler
Johann Ernst Gotzkowsky (1710–1775) ab. {Cfr.: (#206) Schepkowski, 2009.}
Ich bin in Holland gewesen, wo ich nur Tand gesehen habe. Ich habe mich als Musiker
des Königs von Polen ausgegeben, und ich blieb während meiner ganzen Reise unerkannt.
Es sind mir recht vergnügliche Abenteuer zugestoßen, die ich mir zu Ihrer Belustigung
aufhebe, wenn ich das Glück habe, Sie zum ersten Mal wiedersehe. Ich bete, dass dies
bald sein möge, Sie, meine teure Schwester, versichernd, dass man nicht mit vollkommenerer
Zuneigung sein kann als ich bin,