Perspectivia

([Berlin ]den 15.[ Januar 1756]

Meine teuerste Schwester
Ich habe mit viel Vergnügen die Zeichnungen der Altertümer erhalten, die Sie in Italien gesehen haben, und danke Ihnen tausendmal für die Mühe, die Sie sich gegeben haben, sie zeichnen zu lassen. Ich bin überzeugt, meine teure Schwester, dass diese Reise Ihnen lange der Unterhaltung an Ihrem Rückzugsort dienen und Ihnen angenehme Momente bescheren wird. Ich habe zur gleichen Zeit eine Kiste empfangen, die ich habe öffnen lassen, da ich glaubte sie gehöre mir. Darin habe ich einen dunkelroten Samt mit gelben und blauen Blumen gefunden und eine Art von grauem Taft. Ich weiß nicht, ob Sie das für irgendjemanden bestimmt haben, ob man es aus Unachtsamkeit mir zugeschickt hat. Und Sie werden mir bitte mitteilen, ob ich das nach Bayreuth zurückschicken soll, oder an wen ich es liefern lassen soll. Ich habe auch dieses kleine auf Stuck gemalte Gemäldeerhalten, welches Sie die Güte hatten, mir zu schicken. Aber, meine teure Schwester, es ist mit Öl gemalt, und Sie wissen, dass zur Zeit der Römer dieses Geheimnis nicht bekannt gewesen ist. Ich weiß nicht, was der Krieg macht oder was er machen wird, aber ich glaube nicht, dass er so schnell zur Sache kommen wird, und ich habe Grund zu glauben, meine liebe Schwester, dass Ihr Land nicht so schnell die Unannehmlichkeiten der Märsche und Durchmärsche von Militär haben wird und ich wünsche Ihnen, dass sich Ihre wertvolle Gesundheit bessert, Ihnen meine vollste Zuneigung versichernd, mit der ich verbleibe,

meine teuerste Schwester,
Ihr getreuester Bruder und Diener

Friedrich.)